Abschiedsträne

2,00

Abschiedsträne

Literarisches Requiem / Fabel

Kategorie:

Beschreibung

Morgentöne, libellenzart und sommersüß, die Wasser der Steina klimpern an diesem hellen Spätsommertag behäbig und müßig wie verschlafene Klavieretüden die kleine Staustufe am Eingang des über die Talwände gegossenen Dorfes hinunter.

Es wird wieder ein heißer Tag werden, mittelmeerheiß und steppentrocken wie viele in diesem außergewöhnlichen Som-mer. Die alte Schwarzerle zieht genüsslich und froh über ihren feuchten Standplatz einen Strahl mineralisierte Wassertropfen aus der Uferböschung. Ein lauer Windhauch streicht ihr be-ruhigend durch die grünen Blätter.

Der Eisvogel mit seinem irisierend türkisgrünen Gefieder dreht in eleganter Schräglage eine Linkskurve, präsentiert keck sei-nen unerwartet orangen Bauch und zischt grußlos an der alten Erle vorbei.

„Ungewöhnlich, was hat er denn nur“, raunt sie ihrer jungen Nachbarin zu, einer fast olivgrünen, struwwelköpfigen Weide. Diese wippt munter mit ihren biegsamen langen Ästen und schielt dem blinkenden Türkis hinterher.

„Hunger, den treibt der schiere Hunger, sicher zu den Klein-krebsen an der Biberkurve,“ schnurrt die kleine Weide, öffnet übermütig ihre Spaltöffnungen an den Unterseiten ihrer Blätter und lässt so mehr des köstlichen Nass aus dem Bach durch ihr Xylem, wie die Menschen die aufsteigenden Leitungsgefäße der Bäume nennen, strömen.

„Na, na, nicht zu hastig,“ brummelt die Schwarzerle, „nicht dass dir die Hitze zu viel Wasserdampf aus den Blättern jagt, mach mal lieber deine Spältchen auf Halbstellung. Du bekommst auch so genug Kohlendioxid für deine Chlorophyll-Zuckerindustrie.“

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